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Die hässlichen Vögel – die Geier

03.08.2025
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Kappengeier

Wir gehen auf Safari und halten Ausschau nach all den beliebten und schönen Tieren: Der majestätische Löwe. Die bunt schillernden Vögel.

Doch eine Safari dreht sich nicht nur um Schönheit.

Und diese Geschöpfe sind weder beliebt noch hübsch. Trotzdem spielen sie eine entscheidende Rolle.

Alle haben ihre Aufgabe – eine, an die wir als Reisende oft gar nicht denken.

Hier kommt die Geschichte der hässlichen Vögel.

Dies ist die Geschichte des Geiers.

Der Müllsammler der Natur

Weißrückengeier beim Fressen eines toten Tieres in der Savanne

Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf der Savanne und beobachten einen Geier, wie er seinen Kopf tief in die Überreste des Abendessens eines Löwen steckt. Es sieht vielleicht grausam aus – doch in Wirklichkeit ist es ganz anders.

Der Geier ist einer der effizientesten Putztrupps der Natur. Er ist der ultimative Müllsammler, ausgestattet mit einem Magen, der Dinge verdauen kann, die wir lieber nicht sehen möchten. Wie die Hyäne ist er ein Aasfresser und labt sich an dem, was andere Tiere zurücklassen. Innerhalb weniger Stunden kann er ein Kadaver bis auf die Knochen abnagen.

Es mag makaber erscheinen, aber diese Aufgabe ist überlebenswichtig und unverzichtbar:

Überall, wo tote Tiere liegen, besteht die Gefahr, dass sich Bakterien und Viren ausbreiten und das Gleichgewicht im örtlichen Ökosystem stören. Doch das Verdauungssystem des Geiers kommt mit Krankheitserregern zurecht, an denen Menschen und die meisten anderen Wildtiere sterben würden. Und genau diese besondere Fähigkeit macht ihn zu einem der wahren Helden der Natur – und der Menschheit.

Wissenswertes über Geier

Königsgeier in grüner Umgebung

Der Geier ist ein wahrlich faszinierendes Tier – aber was wissen wir wirklich über ihn, abgesehen vom Offensichtlichen? Eben, dass er nicht gerade als Schönheit gilt.

Es gibt weltweit 23 verschiedene Geierarten, die fast überall vorkommen – nur nicht in Australien und der Antarktis.

Sieben dieser Arten zählen zu den sogenannten „Neuweltgeiern“ oder amerikanischen Geiern, die in Nord- und Südamerika leben. Die übrigen bilden die Gruppe der „Altweltgeier“, die in Afrika, Asien und Europa beheimatet sind.

Tatsächlich gehören diese beiden Gruppen nicht einmal derselben Familie an: Die nächsten Verwandten der Neuweltgeier sind Störche, während die Altweltgeier zur Familie der Habichte gehören.

Typisch für Geier ist ihr Verhalten als Aasfresser – sie verzehren alles, was andere Tiere übriglassen.

Wie können sie fressen, was sonst niemand anrührt?

Mit der Zeit hat sich der Körper des Geiers darauf spezialisiert, von Dingen zu leben, die für andere Tiere tödlich wären. Sogar ihre kahlen Köpfe sind perfekt dafür gemacht, um in verrottendes Fleisch einzutauchen – deutlich praktischer, als sich bei der Suche in einem stinkenden Kadaver die Federn zu verschmutzen.

Geier überleben diese Diät dank einer enorm starken Magensäure, die selbst gefährlichste Bakterien abtötet.

Sind sie alle reine Aasfresser?

Schmutzgeier mit Ei im Maul

Entgegen landläufiger Meinung sind nicht alle Geier ausschließlich Aasfresser.

Zum Beispiel frisst der Palmmarabu (Gypohierax angolensis) auch Früchte. Er unterscheidet sich zudem von seinen weniger ansehnlichen Verwandten dadurch, dass er Federn am Kopf hat.

Auch der Schmutzgeier (Neophron percnopterus) genießt mehr als nur Aas. Berühmt ist er dafür, dass er Steine benutzt, um Straußeneier aufzuschlagen und anschließend zu fressen.

Dennoch ernähren sich die allermeisten Geier ausschließlich von Aas.

Wie wurde der Geier zur bedrohten Art?

Geier beim Fressen eines toten Büffels

Geier zählen heute zu den weltweit am stärksten bedrohten Vogelarten. Dreizehn der genannten 23 Arten stehen inzwischen auf der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN, darunter 11 Altweltgeier und 2 Neuweltgeier.

Eine der größten Bedrohungen geht von vergifteten Kadavern aus – entweder durch das Medikament Diclofenac, das früher bei Vieh eingesetzt wurde, oder durch absichtlich vergiftete Tiere, mit denen Raubtiere wie Löwen bekämpft werden sollen, die für lokale Gemeinden in Afrika ein Problem darstellen können. Es gibt auch Fälle (zuletzt im Kruger Nationalpark in Südafrika im Jahr 2025), bei denen über 100 Geier starben, weil Wilderer einen Elefanten für sein Körperteile vergiftet hatten. Die Geier fraßen dann vom vergifteten Kadaver.

Ganz gleich aus welchen Motiven: Die Verwendung von Gift hat besonders in Asien und Afrika verheerende Auswirkungen auf die Geierpopulationen gehabt – manche Bestände sind dort um über 90 % eingebrochen. Ein Beispiel ist Indien, wo die Population der indischen Geier von 50 Millionen auf nahezu null in den 1990er Jahren gesunken ist.

Der Verlust der Geier wäre nicht nur eine Katastrophe für unsere Artenvielfalt, sondern hätte ebenso schwerwiegende Folgen für andere Tiere und Menschen. Wir brauchen Geier, um die Natur sauber und im Gleichgewicht zu halten.

Was können Sie tun?

Eine Gruppe von Menschen beobachtet den Entenkondor im Colca Canyon in Peru

Es gibt viele Organisationen, die sich unermüdlich für den Schutz der Geier einsetzen. So spielt beispielsweise die südafrikanische NGO Vulpro eine entscheidende Rolle beim Erhalt der afrikanischen Geierarten, indem sie unter anderem Geier rettet, rehabilitiert und wieder auswildert. Wie gut, dass es sie gibt!

Aber was ist mit uns? Denjenigen, die auf Reisen gehen? Es fällt oft schwer, sich nicht machtlos zu fühlen. Häufig sind wir nur Zuschauer und sehen zu, wie sich die Dinge entwickeln. Was also können wir tun?

Tatsächlich unterstützen Sie allein durch einen Besuch in Nationalparks wie dem Kruger-Nationalpark indirekt den Schutz dieser bedrohten Arten. Viele Parks verwenden einen erheblichen Teil ihrer Eintrittsgelder für Naturschutzprojekte, Überwachung und den Kampf gegen Wilderei. Davon profitieren die Geier – ebenso wie die übrige Tierwelt.

Sie können den Schutz der Geier außerdem direkt unterstützen, sei es finanziell oder indem Sie das Bewusstsein dafür stärken. Je mehr Menschen die Rolle und den Wert der Geier verstehen, desto größer wird die Unterstützung für ihr Überleben.

Eine Ode zum Abschluss

Geier in der Luft schwebend

So endet die Geschichte dieser eher unscheinbaren, aber unentbehrlichen Vögel. Achten Sie bei Ihrer nächsten Safari in Afrika – oder überall sonst, wo Sie das Glück haben, Geier zu sehen – bewusst auf sie. Denn ohne sie wäre selbst die Schönheit der Natur unvollständig.

Wo Schönheit verblasst und der Blick sich verliert,

da wird vom Geier die Ordnung geführt.

Er trägt eine Last, die wir meiden so sehr –

doch ohne ihn gäb es Leben nicht mehr.

TourCompass – Vom Touristen zum Reisenden